Siebenschritt

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Südliches Niederösterreich (Pitten, Schneeberggebiet), Wien, ganz Österreich und in weiten Teilen Europas. Auch Siebetritt.

Ausgangsstellung

Paare im Flankendoppelkreis, offene Fassung, die Arme angewinkelt.

Tanzbeschreibung

Takt 1-2: Mit den äußeren Beinen beginnend sieben Laufschritte in die Tanzrichtung.

Takt 3-4: Mit den inneren Beinen beginnend sieben Laufschritte gegen die Tanzrichtung.

Takt 5: Fassung lösen, mit den äußeren Beinen beginnend drei Laufschritte schräg auseinander, Tänzer nach links, Tänzerin nach rechts.

Takt 6: Die Tanzenden wenden sich zueinander und laufen mit drei Laufschritten schräg vorwärts aufeinander zu.

Takt 7-8: Abgesetzter Dreher, zwei Drehungen in geschlossener Rundtanzfassung.

Takt 9-12: Wiederholung von Takt 5-8.

Variante Kärnten, Glantal

Takt 1-6: Wie oben, Takt 1-6.

Takt 7-8: Wirbelfassung, rechte Hände seitgestreckt, linke abgewinkelt, eine ganze Drehung des Paares mit 7 Laufschritten.

Variante Altaussee

Ausführung wie oben, nach zweimaligem Durchspiel der Grundmelodie wird eine kurze Polka gespielt (im kärntner Rosental ein kurzer Walzer), dann beginnt der Tanz wieder von vorn.

Variante aus dem Chiemgau

Ausführung wie erste Variante, jedoch Rückenkreuzfassung. Beim 7. Schritt (vor und zurück) darf (soll) der Bursch aufstampfen.

Spielerische Variante

Ausführung wie oben, jedoch variiert die Musik die Tanzlänge.

  • Entfällt die zweite Hälfte des ersten und dritten Taktes der Musik, entsteht ein Fünfschritt.
  • Wird die zweite Hälfte des ersten und dritten Taktes zusätzlich wiederholt, entsteht ein Neunschritt
  • Wird diese zweite Hälfte des ersten und dritten Taktes mehrfach wiederholt, entsteht ein Elfschritt oder Dreizehnschritt.
  • Zum Abschluss kann man die zweite Hälfte des ersten Taktes endlos wiederholen.

Gesehen in Altaussee und bei Rudi Pietsch mit seinen Tanzgeigern.

Zur Ausführung

Die Laufschritte sollen ruhig gleitend und nicht etwa hüpfend ausgeführt werden. Bei Anfängern, denen der Dreher noch Schwierigkeiten bereitet oder bei Kindern kann man die Takte 7 und 8 auch in Form eines Laufens um die gemeinsame Paarachse ausführen lassen. Dabei befinden sich die Partner rechte Schulter an rechter Schulter nebeneinander und halten die Hände bei waagrecht seitgehobenen rechten und abgewinkelten linken Armen gefasst. (Herbert Lager 1959).

Zum Tanz

Siebenschrittformen waren nicht nur in Österreich, sondern im gesamten deutschen Sprachgebiet verbreitet. Die unsere, die gleichsam als Grundform dieses Tanzes bezeichnet werden kann, wurde erstmalig von Konrad Mautner 1919 beschrieben. Die Art des Rundtanzens mit Dreherschritten beobachtete Herbert Lager 1943 in Ramseiden bei Saalfelden bei einem Einheimischen, der diesen Tanz, den er in seiner Jugend häufig getanzt hatte, zeigte.

Quellen

Melodie

Aenne Goldschmidt schreibt im "Handbuch des deutschen Volkstanzes", Berlin (DDR): Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, 1981 (1966 ?), Textband, S.267.

Über Alter und Entstehen dieses besonders weit verbreiteten Tanzes liegen nur ganz spärliche Angaben vor. Bekannt ist, dass er zum Beispiel zur Zeit des "Hambacher Festes" 1832 in der Rheinpfalz getanzt wurde. Ob jedoch das tänzerische Hauptmotiv, die 7-Schritt-Bewegung vor- und rückwärts, wesentlich älteren Schichten entstammt und der Zahl 7 eine symbolische Bedeutung innewohnte, wie wahrscheinlich beim Siebensprung, lässt sich bis jetzt nicht nachweisen. Die Rheinländer-Figur im zweiten Teil des Tanzes hat sich mit dem 7-Schritt-Motiv wohl erst zu der Zeit verbunden, als der Rheinländer (1850) zum Modetanz erhoben wurde. Von den beiden Grundtypen gilt der Typ A als der ältere.

Der Siebenschritt gehört auch zum Spieltanzgut der Kinder. Sie singen dazu das kindliche Tanzlied mit dem Abzählvers: "1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, wo ist denn mein Schatz geblieben."

Außer diesem Lied sangen die Erwachsenen zum Siebenschritt häufig Spottliedchen, in welchen eine bestimmte Person, ein Dorf, eine neue Kleidermode u. a. m. der Kritik unterzogen wurden.

Die Melodie stammt wahrscheinlich von Mitte bis Ende des 17. Jahrhunderts. Gesichert ist, dass die Melodie aus zwei Teilen verschiedener Herkunft zusammengesetzt ist, wobei zur 1. Hälfte aus dieser Zeit noch keine Quelle bekannt ist.

Frühe Quellen für die Zusammenfügung aus beiden Teilen sind Melodien im 18. Jahrhundert, so 1778 "Le Cadrille de L'archiduc" im Manuscrit Wandembrille aus Namur, "Teusch" (Deutsch?) bei Heinrich Nicol Philipp aus Franken 1784 und Anglaisen in der Tanzsammlung Dahlhoff 1792 geschrieben in Dinker/Westfalen und im Noten- und Tourenbuch des Peter Meyer aus Husum ebenfalls 1792.

Unter anderem als "Schuster-Tanz" lassen sich derartige Melodien in Moll nachweisen unter anderem im 1. Buch der Tanzsammlung Dahlhoff bereits vor 1767.

Die zweite Hälfte der Melodie ist Ende des 16. Jahrhunderts belegt, der Zusammenhang mit der Bergamasca (siehe Diskussion) wurde dabei bestätigt. Beide Hauptfassungen der Melodie können einschlägig bekannten Komponisten zugeschrieben werden, die schon zu ihren Lebzeiten zu den bedeutendsten ihrer Länder gehörten. Danach stammt die Melodie ursprünglich von dem Engländer Anthony Holborne (ca. 1547 - 1602) (und englisches Wikipedia), die Erstveröffentlichung war in seinem Werk The Cittarn Schoole (London 1597). Über dieses Stück hat Samuel Scheidt (1587 - 1654) (wie auch über weitere Stücke englischer und niederländischer Herkunft) nach Art von Byrd, Bull oder (seines Lehrers) Sweelinck Variationen geschrieben SSWV 560, Werkeverzeichnis. Das Autograf von ca. 1638 wird heute in der ungarischen Széchényi-Nationalbibliothek (Országos Széchényi Könyvtár) in Budapest aufbewahrt; leider sind im MGG zwei verschiedene Signaturen angegeben. Die Versionen von Holborne und Scheidt unterscheiden sich im Rhythmus, sind aber beide in Volkslied und -tanz eingegangen und dadurch noch nach 400 Jahren zu erkennen. In der Siebenschritt-Liedfassung haben die Strophen 2, 3, 4 und 6 die originale Langzeile Holbornes, 1 und 5 die von Scheidt nach venezianischem Vorbild umgestaltete doppelte Kurzzeile.

Bei dieser Quellenlage fällt gleich mehreres auf, das für erhebliche Diskussionen sorgt. Die Veröffentlichung Holbornes in einer Musikschule ist sicher für eine weite Verbreitung angelegt; die Melodie ist aber in England selbst anscheinend ausgestorben und erst durch die Volkstanzpflege wieder bekannt geworden. In Playfords Dancing Master (Englisch) ist sie offenbar nicht enthalten (oder nur noch nicht entdeckt). Kinderlieder zum Aufsagen des Alphabets oder zum Zählen sind auch erst nach Kenntnis des Siebenschritts entstanden (ABC Seven Steps Song und weitere YouTube-Videos zum Stichwort Seven Steps Song). Dagegen ist offenbar Scheidts Version nie gedruckt worden und ausschließlich handschriftlich überliefert; hier wären die Verbreitungswege von Interesse. Genauso interessant wie merkwürdig ist der Kommentar im MGG: "Die interessantesten Stücke über den Ostinato, die für Tasteninstrumente komponiert wurden, stammen von Scheidt (H-Bn, Hs.26,o. fol.42v-44r; Ausg. Chr. Mahrenholz, Bd.5, 1937) und von B. Pasquini ..." Lawrence Moe (Übers. Guido Heldt), Bergamasca. In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG), Sachteil Bd.1, Sp.1403. Worauf diese Kritik beruht, wird nicht mitgeteilt; der Zusammenhang mit dem Volkstanz müsste den Verfassern eigentlich unbekannt sein.

Scheidts Melodie ist auch noch in andere Tänze eingegangen, das zeigt, womit man in der Renaissancemusik rechnen muss, nämlich mit Variationen bis zur Unkenntlichkeit. In der Burgenländischen Kreuzpolka (deren Melodie auch als Gassenhauer aus Wien oder Berlin bekannt ist), sind als Mittelteil die ersten vier Takte von Scheidt eingebaut; im Gegensatz zur Melodie der Burgenländischen Kreuzpolka hat die Berliner und die Wiener Version die Scheidt-Zeile komplett. Der fränkische Walzer Ach geh doch hat als ersten Teil den Anfang von Im Märzen der Bauer und als zweiten Scheidts Melodie in den 3/4-Takt übertragen, oder nach der Terminologie des 16. Jahrhunderts ins tempus perfectum. Dafür brauchte man noch nicht einmal die Noten neu zu schreiben, man musste nur das "C"-Zeichen für den geraden Takt in einen Kreis "O" verlängern, und jeder Musikant wusste damals, was er zu spielen hatte.

Als Siebenschritt ist die Melodie erstmals 1850 greifbar (Viktor Zack, Alpenlieder aus Deutschösterreich, 1919). Um 1880 ist der Tanz in Wien als Kindertanz bekannt. Konrad Mautner veröffentlicht ihn 1914 in Alte Lieder und Weisen aus dem steyermärkischen Salzkammergut. Laut Ernst Hamza wurde er in der Buckligen Welt 1913 "nicht mehr getanzt".

In Italien südlich der Salurner Klause existieren mindestens drei verschiedene Tänze mit dem Namen Sette Passi, von denen höchstens zwei etwas mit "unserem" Siebenschritt zu tun haben. Während die erste und zweite Trentiner Version aus dem Val dei Mocheni noch direkt als Fassung des Siebenschritts gelten kann, hat die venezianische Version (im heute slowenischen Istrien aufgezeichnet) eine völlig andere Choreografie in zwei Reihen. Eine sizilianische Tarantella bzw. Controdanza Sette passi hat offensichtlich nichts Erkennbares mit dem Siebenschritt gemein.

Simon Wascher veröffentlichte Anmerkungen zu den Siebenschritt-Melodien.

Noten

Liedtexte

MP3-Datei

  • Hier können Sie ein MP3 von diesem Tanz downloaden, gespielt 1959 von der Kapelle Karl Kubat in Wien.
  • Hier können Sie ein MP3 von diesem Tanz downloaden.
  • Und hier ein weiteres MP3.
  • Auf Gauverband I ist ein MP3 downloadbar, gespielt von Sigi Ramstötter.
  • Im Internet Archive können Sie hier ein MP3 einer Schellackplatte von diesem Tanz herunterladen.

CD oder DVD

Videos

Lehrvideo der Volkskultur München

Tanzkurs der Union Wien

Tanzkurs der Garde Bad Ischl 2.11.2007
Tanzmeister: Fritz Schodterer, Wolfgang Wallner
Harmonikaspieler: Fritz Hillbrand vulgo Toifl-Fritz (Goiserer Viergesang)
Private Aufnahme Andreas Podlaha und Barbara Konrad

Volkstanzseminar des Trachtenverband Steiermark 2013




Drei Formen aus Vorarlberg

Lehrvideo aus Oberbayern, Variante aus dem Chiemgau

Siebenschritt auf dem Einrad, Volkstanz in etwas anderer Art beim Volkstanzfest Leopolditanz 2016 durch die Sportunion St.Andrä-Wördern, mit Gerhard und Simone Fuchs.

Das ganze Video sehen Sie auf Leopolditanz 2016

Grundtanz

Der Tanz gehört zu den Österreichischen Grundtänzen

Deutsche Tanzliste

Dieser Tanz wurde im Jahr 2015 in die Tanzliste der Deutschen Gesellschaft für Volkstanz e.V. aufgenommen.

Tanz-Ursprung

Ähnliche Formen gab es im gesamten deutschen Sprachraum und darüber hinaus in fast ganz Europa, wobei nicht klar ist, ob Titel wie Settepassi (ital.), Xote Sete Pasos (port.), Pas de Sept (frz.), Hétlépés (ung.), Seven Steps (eng.) nicht Übersetzungen des deutschen Siebenschritts sind. Auf den ersten Blick erstaunt, dass die österreichische Grundtanzform in derselben Weise auch aus Schleswig-Holstein überliefert ist, zusammen mit eigenständigen Formen (Dusendschelm) (A.Mortzfeld/Fr.Cherubim, Der tanzende Kreis, Göttingen 1951, S.52/53). Ursache dafür ist möglicherweise die Stadt Hamburg und ihr Hafen, der jahrhundertelang Hauptausfuhrhafen für Produkte der österreichischen Monarchie war. Bei dieser Gelegenheit entstanden engste Kulturbeziehungen zwischen Hamburg und Wien; Lieder aus dem Wiener Volkstheater existieren mit plattdeutschen Texten, umgekehrt machten Hamburger Lieder wie 'Seht, seht, das ist ein Geschäft' (Ludwig Wolf 1893) in der k.u.k. Monarchie (als Kuckuckspolka) Furore. Und nicht zuletzt wurde die österreichische Kaiserhymne über einen Hamburger Verleger dem auf Helgoland im Exil lebenden Hoffmann von Fallersleben vermittelt, der 1841 darauf die spätere deutsche Nationalhymne dichtete.

In Brasilien dient der Xote Sete Pasos sogar als lateinamerikanischer Turniertanz.

In Bayern existiert auf dieselbe Melodie eine Ballade Das Bettelmandl mit mindestens acht Strophen (Quelle: Volksmusikarchiv des BR); in England gibt es offenbar keinen überlieferten Tanz auf diese Melodie (wenn nicht deutsche oder österreichische Versionen nachgetanzt werden), stattdessen dient sie als Kinderlied (nursery rhyme) zum Aufsagen des Alphabets [1].

In Tschechien wurde 1899 diese Melodie unter dem Namen Smešek aufgezeichnet, aber mit anderer Tanzausführung (Český Lid). Quelle: Jahrbuch des Österreichischen Volksliedwerkes, 1955, Raimund Zoder.

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